GameStop-Aktie: Der Börsenschreck ist zurück (2024)

Während der Pandemie scheuchte der YouTuber Roaring Kitty Kleinanleger auf und sorgte für einen Hype der GameStop-Aktie. Dann wurde es still um ihn – bis jetzt.

Von Heike Buchter

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Neue Inflationsdaten, massive Zölle auf chinesische Importe, eine emotionale KI-Variante von OpenAI – es gibt genug Themen, die die Investoren an der Wall Street zurzeit eigentlich beschäftigen dürften. Doch was die Profis am wichtigsten Aktienmarkt der Welt derzeit wirklich umtreibt, ist: Roaring Kitty. Er ist wieder da. Roaring Kitty ist der Nutzername, unter dem Keith Gill, ein Kleinanleger, einen YouTube-Kanal betrieb. Er steckte hinter einem der größten Phänomene der Pandemie, als vor allem Jüngere sich die Langeweile im Lockdown durch Aktienspekulation per Smartphone-Brokerapps wie Robinhood und Trade Republic vertrieben.

Nach drei Jahren Funkstille postete der 37-Jährige am Sonntag und Montag einige kryptische Memes und Videoclips von Hollywoodfilmen. Das genügte, um seine Fans anzulocken und die Aktien der angeschlagenen Videospielkette GameStop, auf die Gill 2021 gesetzt hatte, innerhalb von zwei Tagen zeitweilig um 270 Prozent steigen zu lassen. Auch die Kinokette AMC, ebenfalls eine von Gills Favoriten und wie GameStop wirtschaftlich nicht in bester Verfassung, verdoppelte ihren Kurs innerhalb von zwei Tagen. Was das Unternehmen offenbar nutzte, um Kasse zu machen und 250 Millionen Dollar an neuen Aktien auszugeben.

Hedgefonds machten Milliardenverluste

Gill, ein ehemaliger Versicherungsangestellter, war die einflussreichste Stimme einer Bewegung von Amateurbörsianern, die 2021 sogar hartgesottene Hedgefonds-Manager in größte Schwierigkeiten brachten. Sie tauschten sich unter anderem in einem Forum namens WallStreetBets auf der sozialen Medienplattform Reddit aus. Sie setzten zunächst darauf, dass die Aktie der angeschlagenen Videospielkette GameStop steigen würde. Hedgefonds hatten in großem Stil auf einen weiteren Kursverfall von GameStop gesetzt. Für die Profis sah die Zukunft des Einzelhändlers düster aus. Die Kette, die Videospiele und Zubehör wie Spielekonsolen, Kopfhörer und T-Shirts anbietet, ist durch die zunehmende Verlagerung des Geschäfts ins Internet in Bedrängnis geraten.

Die Kleinanleger, an der Wall Street gerne als Dumb Money bezeichnet, also "dummes Geld" im Gegensatz zum Smart Money der Finanzprofis, hielten jedoch dagegen. Sie stiegen so zahlreich in die GameStop-Aktie ein, dass der Kurs abhob. Auf Reddit und anderen Onlineforen verabredeten sie sich, den Kurs des GameStop-Papiers "auf den Mond zu schießen", wie sie es ausdrückten. Das gelang eindrucksvoll: Allein von Jahresanfang bis Ende Januar 2021 stieg die Aktie um 1.600 Prozent. So machten die Hedgefonds mit ihrer Wette auf fallende Kurse schließlich Milliardenverluste. Auch AMC, der Hersteller von Blackberry, einem aus der Mode gekommenen Smartphone-Vorläufer, und der inzwischen Konkurs gegangene Einzelhändler Bed Bath & Beyond wurden zu Favoriten von Roaring Kitty und seinen Anhängern.

Der Mob der Amateuranleger um Roaring Kitty hatte so großen Einfluss, dass sich sogar die US-Notenbank, die Börsenaufsicht und der US-Kongress mit dem Phänomen beschäftigten. Vielen der Hobbyspekulanten ging es nach eigener Aussage darum, eine Botschaft an die Reichen und Mächtigen zu schicken. Ihre Generation hatte erlebt, wie die Finanzkrise 2008 ihre Eltern ihr Heim oder die Altersvorsorge kostete, während die Finanzbranche mit staatlichem Geld gerettet wurde. Roaring Kittys Aufstieg inspirierte sogar einen Film, Dumb Money. Dann schien er von der Bildfläche zu verschwinden.

GameStop-Aktie steigt nach Post

Bis zum vergangenen Sonntag. Da postete er ein Meme, das einen Videospieler zeigt, der sich in seinem Stuhl nach vorne beugt, offenbar um sich besser konzentrieren zu können. Bis Dienstag hatten bereits 25 Millionen Nutzer den Post aufgerufen. Am Montag ließ er ein paar Clips aus Hollywoodfilmen folgen, die seine Fans wohl als Aufforderung verstanden, die Bewegung von einst wieder aufleben zu lassen. Die GameStop-Aktie stieg so schnell, dass die Börse den Handel mehrfach aussetzte. Hedgefonds, die wie 2021 auf einen Kursverfall bei der Kette gesetzt hatten, haben zumindest auf dem Papier über eine Milliarde Dollar verloren.

An der Wall Street gibt man sich gelassen. Schließlich müssten die Kleinanleger längst wieder arbeiten und hätten nicht länger die Muse für solche Eskapaden, wie Bloomberg-Kolumnist Matt Levine kommentiert. Anders als damals gebe es auch keine Pandemiehilfen vom Staat und die Zinsen machen Geld teuer.

Was Gill, der angeblich ein zweistelliges Millionenvermögen durch seine Spekulation einspielte, zu seiner Rückkehr bewegt hat, ist unklar. Bis auf die Posts äußerte er sich nicht. Viele seiner Mitspekulanten von damals machten bittere Verluste, als der Pandemieblase die Luft ausging. Bis 2022 hatten Verluste von Kleinanlegern die Gewinne des Vorjahres wieder vernichtet, so lautete eine Analyse der Investmentbank Morgan Stanley.

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